Der folgende Text wurde inzwischen auf da Hog'n gelöscht, wir haben ihn hier für die Nachwelt konserviert:
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Florian Fesl
veröffentlicht von da Hogn | 22.03.2016
Kingston/Perlesöd. Was hat dieser Mann Ende des vergangenen Jahres nur alles mitmachen müssen, was hat er nur gelitten! Florian Fesl ging buchstäblich durch die DSDS-Hölle – und er hat sie überlebt. Am vergangenen Samstag zeigte RTL die letzte Jamaika-Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“, bei der der 28-Jährige Perlesöder – trotz überragender gesanglicher und vor allem tänzerischer Höchstleistungen (seine Moves werden in die DSDS-Annalen eingehen) – leider ausscheiden musste. Ein Umstand, über den er jedoch ganz froh ist, wie er jüngst der Lokalzeitung und ihren von dieser Botschaft durchaus überraschten Lesern mitgeteilt hatte, als er darüber „plauderte, was Millionen von Zuschauern am Fernseher verborgen bleibt“.
Was Florian Fesl in seiner Zeit bei Deutschland sucht den Superstar (DSDS) durchgemacht hat, ist mit Worten kaum zu beschreiben.
„Gott sei Dank haben sie mich nicht genommen“, berichtet der völlig traumatisierte Florian Fesl nun auch gegenüber dem Hog’n. Unter Tränen erinnert er sich an die an Grausamkeit und Menschenverachtung wohl nicht zu überbietende Zeit im jamaikanischen Urlaubsparadies, wo er über mehrere Tage hinweg bei 35 Grad Celsius, kühlen Mai-Tai-Cocktails und frisch-gegrillten Hummerschwänzen in Knoblauchbutter gegen seinen Willen vom Kölner TV-Sender festgehalten wurde. Von der desaströsen 5-Sterne-Unterkunft mit Mini-Bar, Flatscreen und Rund-um-die-Uhr-Zimmer-Service – einschlägige Musik-Experten zogen hier bereits Vergleiche mit sibirischen Straflagern heran – ganz zu schweigen.
Doch von Anfang an. Diese Geschichte, die Florian Fesl durchlebte, lässt wohl keinen kalt, der nur einen Funken Mitgefühl in sich trägt.
Alles begann damit, als der Ex-Grand-Prix-der-Volksmusik-Star völlig unbekümmert und frohen Mutes im September vergangenen Jahres mitsamt Freundin durch Regensburg schlenderte. Doch schnell nahm das Schicksal seinen unerbittlichen Lauf. „Ein Scout sprach mich an und hat mich dann regelrecht in den Castingtruck gezogen“, schildert der 28-Jährige die dramatischen Szenen, die sich damals in der Domstadt am hellichten Tage abgespielt hatten. Nicht genug der Pein, das schlimmste folgte erst noch im Innern des mobilen, gut-klimatisierten und schick-ausgepolsterten Casting-Gefängnisses: „Da musste ich dann singen.“ Wie grausam, wie bestialisch, fragt sich an dieser Stelle der geneigte Leser, kann man mit einem menschlichen Wesen umgehen?
Doch Fesls Odyssee der Grausamkeiten nahm erst jetzt ihren eigentlichen Lauf: Nach einer Vorauswahl – durch eine Jury aus Unbekannten (!) – wurde er nach Köln verschleppt, um dort von den Juroren um Pop-Titan Dieter Bohlen beurteilt zu werden. Und dann ging alles ganz schnell. Recall, Re-Recall und schließlich die Verbannung nach Jamaika kamen innerhalb eines Monats. Im November wurde Fesl dorthin geflogen – erster Klasse zwar, doch ohne die obligatorischen Lachs-Häppchen und bei teilweise ausgefallener Klima-Anlage. Von fünf Grad im Woid rauf auf karibische 35 Grad Celsius – und das für elf Tage! „Das hält der selbstverliebteste Bodybuilder nicht aus“, machte sich schnell Verzweiflung beim Perlesöder breit. Dass er sein Heimatland noch einmal sehenden Auges und singender Zunge wiedersehen würde, mit diesem Gedanken hatte Florian zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Plötzliche Temperaturwechsel in dieser Größenordnung kommen einer Fahrt von Finsterau an den Gardasee gleich. „Das schafft kein Mensch!“
„Das war nicht so partymäßig, wie es im Fernsehen dargestellt wird, das war harte Arbeit“, erinnert sich Fesl, der sich seit seiner Rückkehr in den Bayerischen Wald in psychologsicher Behandlung befindet, an die wohl schlimmste Zeit seines noch jungen Lebens zurück. Mit Jetlag sei er ständig unter Druck und dauernd von Kameras umgeben gewesen. Nicht ein einziges mal gemütlich ausschlafen ließen sie ihn im DSDS-Guantanamo, keiner brachte ihm das Frühstück ans Bett oder ölte ihm den durchtrainierten Body ein. Nichts außer Entbehrung, Mangel und Verzicht konfrontierten ihn in diesen elf Tagen in der Hölle, die sein Leben nachhaltig veränderten. Um einen Song mit dem Team auszuarbeiten, hatte man nur einen (!) Tag Zeit, so Fesl. Am nächsten Tag musste man das Stück bereits singen. Unhaltbare Zustände, von denen sich jeder künftige Schlagerstar mit Ekel und Abscheu abwenden dürfte. „Daheim hab ich immer mindestens zwei Tage Zeit gehabt, um einen neuen Song einzustudieren. Was sind das nur für Verhältnisse“, nimmt das Wehklagen Fesls kein Ende, der während des Erzählens mit geballter Faust immer wieder eine Michelle-Puppe mit Schlägen bearbeitet. Aktuell spielt er sogar mit dem Gedanken, juristisch gegen RTL vorzugehen.
Doch was dem Fass endgültig den Boden ausschlägt, ist in Worte kaum zu fassen: Nur einmal (!) sah er Dieter Bohlen zufällig am Strand. Bis auf ein kurzes Gespräch mit ihm habe ansonsten kein weiterer Austausch abseits des Jurypults stattgefunden, wie Fesl – erneut unter Tränen – mitteilt. Völlige Verwahrlosung. Völlige Isolation. Kein Schulterklopfen, kein warmer Händedruck, keine aufmunternden Worte. Nichts. Dabei pries der Kölner TV-Sender den blonden Pop-Philanthropen aus Tötensen immer als „menschlich“, „umgänglich“ und „absolut humanitär“ an. „Alles gelogen. Der hat mich einfach ignoriert. Mich! Florian Fesl!“
Und dann auch noch diese Ungerechtigkeit seitens des RTL-Regisseurs. „Da werden 30 Minuten Gespräch auf fünf Minuten zusammengeschnitten.“ Dabei habe Florian Fesl genau in den restlichen 25 Minuten alles gegeben, habe gesungen und getanzt wie ein Derwisch. Gottgleich performed, einfach mega! Hog’n-Informationen zufolge soll er dabei einer Kombination aus Michael Jackson und Celine Dion geglichen haben. Hinzukommt: Das Feedback der Jury nach den jeweiligen Auftritten habe ihm „eigentlich gar nicht“ weitergeholfen. „Musikalisch und gesangstechnisch nicht. Das ist alles nur Show“, könnte sich der Waidler mit dem Perlweiß-Lächeln und der Gaballier-Tolle aufgrund seiner Naivität aus heutiger Sicht in den muskulösen A**** beißen. Bohlens Vorwurf, er sei selbstverliebt, kontert der Freyunger im Nachhinein in selbstbewusster und doch wieder einigermaßen gefasster Manier: „Es muss sich ja keiner schämen, wenn er auf sein Äußeres schaut.“
Trotz aller Qualen, Schmach und Schande, trotz aller eklatanter Fehleinschätzungen seitens des Fernsehsenders, der ihn als konservativ-selbstverliebten Lederhosen-Seppl hingestellt hatte, wollte Florian Fesl, der Professionialität aus seinem frühren Leben gewohnt ist, am Ende die volkstümliche Schiene durchziehen. Was wiederum alles völlig gegen seinen Willen passierte, denn: „Ich sehe mich eigentlich als Ice-T des Bayerwalds, als Snoop Dogg von Perlesöd, als bayerischer Tupac.“ Keiner wollte wahrnehmen, dass der 28-Jährige viel mehr ist als ein geölter Gaballier-Abklatsch mit Charivari vorm Hosenlatz, der nicht mal ein Wolfgang-Petry-Cover hinbekommt. Dass er Deutschlands neuer Superstar ist, der das Zeug dazu hat, mit nie dagewesenen Dance-Moves und brillanter Stimme die Musikwelt zu revolutionieren.
Auch bei der eigens von RTL inszenierten Riesenparty mit Flaschendrehen hätte er mitmachen sollen – dabei wurde sein vorausgegangener Vorschlag, stattdessen lieber ein kleines Schafkopf-Turnier oder einen Leberkas-Weitwurf-Wettbewerb durchzführen, erneut gänzlich ignoriert. „Das Theater hab ich nicht mitgemacht“, blickt er heute in völlig aufgelöstem Zustand zurück. „Ich bin dann auf mein Zimmer und habe mir schmollend alte Folgen vom Monaco-Franze im Pay-TV angekuckt. Flaschendrehen – pah, wer bin ich denn?“
Fesl bezweifelte auch, dass die Jury die endgültige Entscheidung trifft, wer in die nächste Runde kommt. Bohlen und Co. seien vorher von Redakteuren gebrieft worden, die Entscheidung sei vorgegeben gewesen. „Nach drei Minuten Gesang kann man nicht über jemanden urteilen – und schon gar nicht über mich.“ Fünf Minuten wären seiner Meinung nach mindestens nötig gewesen, um zu erkennen, dass er der nächste „King of Pop“ ist.
Doch die schreckliche Zeit unter Palmen ist nun vorbei. Das Leben muss weitergehen – irgendwie. Heilfroh ist er, nicht in die Endrunde gewählt worden zu sein – wieder zurück zu sein, in der Heimat. In Sicherheit. Fernab von all diesen TV-Tyrannen, die ihm nur übel mitspielen und ihn durch den Kakao ziehen wollten. Das Übelste von allem: Wenn er unter die letzten 20 gekommen wäre, hätte er einen Vertrag unterschreiben müssen und fünf Jahre nicht mehr auftretten dürfen, so Fesl. Ein handfester Skandal, ein Unding, ein haltloser Zustand, von dem er erst auf der Karbik-Insel erfahren habe. Keiner, wirklich keiner (!), hatte ihm das vor seiner Verschleppung nach Jamaika mitgeteilt. Hätte er das gewusst, wäre er eigenhändig mit dem Schlauchboot über den Atlantik zurück in den Woid gerudert bzw. hätte er auf Gedeih und Verderb versucht, sich aus dieser menschenfeindlichen Umgebung der 5-Sterne-Hotelanlage zu befreien und in die Deutsche Botschaft in Kingston zu flüchten. (Auch Amnesty International hat mittlerweile vor dem UN-Sicherheitsrat auf die erniedriegenden und würdelosen Zustände im RTL-Bootcamp international aufmerksam gemacht. Blauhelm-Truppen stünden bereit, wie Generalsekretär Ban Ki-Moon auf Hog’n-Nachfrage mitteilt.)
Ausgezahlt hat sich DSDS, das er heute trotz aller Strapazen und Höllenqualen mit einer gehörigen Portion Galgenhumor als „Spaßprojekt“ bezeichnet, für Fesl dennoch. Er hat jetzt einen Produzenten, ein Management und eine persönliche Betreuerin, die ihm dabei hilft, das Vergangene aufzuarbeiten. Er will sich nicht länger als Opfer sehen, will wieder neuen Mut schöpfen – und nimmt schon bald seine erste Single auf. Der Dialakt bleibt. Außerdem will er die Florian-Fesl-Stiftung ins Leben rufen: Für all diejenigen Ex-DSDS-Teilnehmer, die ähnliches mitgemacht haben wie er vor vier Monaten auf Jamaika. Für Menschen, deren Talent völlig zu unrecht verkannt worden ist und die heute am Rande der Gesellschaft ihr Dasein fristen. In Kontakt mit Daniel Küblböck, Menderes und Menowin Fröhlich, die ihn dabei unterstützen wollen, steht er schon. Fesl spricht auch von einem Benefizkonzert 2017, mit gutem Rahmenprogramm und auf alle Fälle mit ihm.
Realsatire: da Hog’n