Shada Ali bei DSDS 2021
Die laufende DSDS-Staffel wirft Fragen auf: Kann man wirklich so schlecht singen wie Shada Ali? Eine Spurensuche.
Wenn Shada Ali bei DSDS singt, holt RTL den Kasper raus. Mal lässt die Tricktechnik im Hintergrund ein Auto explodieren, mal blökt eine Kuh. Den Ton trifft sie immer noch besser als der Kandidat. Shada kann nicht singen, tanzen auch nicht. Einmal brüllt der 24-Jährige Miley Cyrus‘ "Wrecking Ball" ins Mikro, und der Titel umschreibt ziemlich präzis, was Shada selbst mit seinen Songs macht. Abwracken.
Trotzdem hat der Student es unter die "besten" 27 Kandidaten der laufenden DSDS-Staffel geschafft. Am Samstag wird er beim Auslandsrecall auf Mykonos zu hören sein. Die Wut der Fans, die das nicht in Ordnung finden, beschäftigt inzwischen Society-Portale von "Promiflash" bis zur "OK!".
Man kann den Ärger verstehen. Menderes Bağcı, der spätere Dschungelkönig, musste aus den Casting-Runden von sieben DSDS-Staffeln fliegen, bevor er in der achten in den Recall durfte. Einen Auslandsrecall erlebte er erst im elften Jahr als DSDS-Maskottchen. Shada schafft das jetzt aus dem Stand. Sein Gebrüll wird nicht nur nicht sanktioniert. Wenn er im Quartett nicht laut genug quietscht, vermerkt die Jurorin Maite Kelly sogar enttäuscht: Hier fehlte das "i-Tüpfelchen".
Bei einer zweiten K.o.-Kandidatin hatte Kelly das noch ganz anders gesehen. Als Claudia Haas, ein ähnlich hoffnungsloses Talent, unter Tränen um den Recall-Zettel bettelte, sagte die Jurorin: "Claudia, ich habe zu viel Respekt vor dir als Mutter, um dir das anzutun. Ich sage nein." Vorangegangen war eine gespenstische Diskussion darüber, ob die Hausfrau und Mutter für die Demontage im Dschungelcamp peinlich genug ist. Dieter Bohlen erklärt Claudia locker zur Zynikerin, die den Ruhm um jeden Preis will – und gibt ihr ein Ja. Maite Kelly weigert sich, die 29-jährige weiterzuwinken – und zwar ausdrücklich, um sie nicht vorzuführen. Claudia, stellt sich dann raus, weiß nicht mal, was mit dem Wort "vorführen" gemeint ist.
Als sie ein paar Wochen später in den Recalls rausfliegt, begründet der Juror Mike Singer das mit einfühlsamen Worten: "Claudia, wir glauben einfach, dass du mit dem Druck nicht klarkommst. Du bist jetzt schon echt am Boden zerstört. Und wir wollen dich nicht noch mehr verletzen oder sonst was. Freu dich auf dein Baby zuhause." Bei Shada scheint die Jury da weniger Bedenken zu haben.
Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass die "OK!" inzwischen die Fake-Debatte eröffnet hat. Tut Shada nur so als ob? Als Quelle nennen die Kollegen nur irgendwelche Instagram-User, die Shada für einen Schauspieler halten. Trotzdem ist die Frage ja interessant: Ist er ein echtes Faktotum oder stellt er eins dar? Und wenn es so wäre: Wer inszeniert ihn dann? Er sich selbst? Macht der Student der Biologischen Psychologie vielleicht einen Feldversuch? Oder ist Shada ein RTL-Agent, bezahlt um zu polarisieren? Hat Böhmermann ihn geschickt?
Der Fake-Vorwurf ist so alt wie das Reality-TV. Aber inzwischen ist alles möglich. Shada Ali kann einfach nur ein schräger Vogel sein oder echte Probleme haben. Er kann mit dem Sender im Bunde sein oder mit dessen schärfsten Kritikern. Man weiß es nicht. Man weiß nicht mal, ob er es selbst weiß. Unmissverständlich ist nur Shadas Lautstärke. Und über die kann man wunderbar herziehen, auch wenn man sich nicht gut dabei fühlt.
Denn natürlich ist noch etwas klar: Irgendwo hinter den Schlagzeilen und Geschichten einer immer virtuelleren Reality-Welt sind echte Menschen. Man nimmt Mike Singer seine Rücksichtnahme gegenüber Claudia zwar nicht ab. Recht hat er trotzdem: Wo Spott und Häme das Geschäftsmodell sind, gibt es Verletzte.
Shada selbst hat das Brimborium um seine DSDS-Karriere auf Instagram so kommentiert: "Man kann auch eine Sendung und Wettbewerb mit Positivität anschauen und nicht mit Negativität. Versteht ihr, was ich meine? Weil – ständig Kritik zu suchen, dafür gibt’s schon Kritiker, die das als Job machen und die bezahlt werden dafür. Da braucht man das auch nicht selbst zu machen." In diesem Sinne: Seien wir nett zu ihm.